Vielfalt von Beteiligung bietet Mehrwert: Ergebnisse aus dem Projekt „BePart – Quo vadis, Beteiligung?“
29.09.2025

Beteiligung in der Energiewende hat viele Facetten: Sie reicht von intensiven Kommunikationsmaßnahmen – etwa wiederkehrenden Workshops oder regelmäßigen Newslettern – über die finanzielle Teilhabe von Bürgerinnen, Bürgern und Kommunen bis hin zum regionalen Wertschöpfung, durch den wirtschaftliche Verbesserungen vor Ort unmittelbar spürbar werden können. Diese Vielfalt bildet ein wichtiges Instrumentarium, das kontextbezogen und bedarfsorientiert für die lokale Gestaltung von Wind- und Freiflächensolarenergieprojekten eingesetzt werden kann. Insbesondere in der derzeitigen Phase der Nachhaltigkeitstransformation, die von Zielkonflikten, lokalen Spannungen und dem steigenden Druck zur Erreichung der Klimaziele gekennzeichnet ist. Gegenstand öffentlicher und akademischer Diskurse ist insbesondere die Frage, welche Wirkung Beteiligungsformate in der fortschreitenden Energiewende entfalten können.
Diese Fragestellung wurde im Rahmen des Forschungsprojekts BePart von 2023 bis 2025 untersucht. Das Projekt wurde unter der Leitung des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit in Zusammenarbeit mit ECOLOG Institut, Bündnis Bürgerenergie e.V. und Renewables Grid Initiative (RGI) durchgeführt. Im September 2025 ist der Abschlussbericht erschienen, welcher hier zur Verfügung steht. Anlässlich der Abschlussveranstaltung am 11. September kamen Expert:innen aus unterschiedlichen Bereichen zusammen – darunter Akteur:innen aus Bürgerenergie, Projektentwicklung und Stromnetzausbau –, um die Ergebnisse zu reflektieren, zu diskutieren und praxisrelevante Implikationen abzuleiten.
Mit Vorträgen von Claudia Kemfert (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) und Stakeholdermanager Michael Krieger sowie einer lebendigen Podiumsdiskussion bot die Veranstaltung wertvolle Einblicke in zentrale Erfolgsfaktoren für die Energiewende: Transparenz, Vertrauen, gutes Timing und die Einbindung der Menschen vor Ort.

In ihrer Keynote betonte Claudia Kemfert die Bedeutung der Energiewende auf lokaler Ebene. Sie verwies auf die Chancen dezentraler Netzentlastung durch Energiespeicher, vereinfachte Verfahen und die verstärkte Förderung von Bürgerenergieprojekten als entscheidende Hebel. Gleichzeitig warnte sie vor den Risiken aktueller politischer Entscheidungen – auch hinsichtlich der Kosten des Nichthandels der Politik – und forderte mehr Flexibilität sowie sektorübergreifende Lösungsansätze, um Planungs- und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Zudem unterstrich sie die Relevanz einer sozial ausgewogenen Klimapolitik, die inklusiver gestaltet werden sollte und marginalisierte Gruppen aktiv einbeziehen muss.
In der zweiten Keynote verdeutlichte Michael Krieger anhand verschiedener Praxisbeispiele, dass Beteiligung ein entscheidender Faktor für das Gelingen der Energiewende ist. Gleichzeitig stellte er ein zentrales Paradoxon heraus: Je weiter ein Projekt fortgeschritten ist, desto stärker wird das Bedürfnis der Bürger*innen nach Mitwirkung, während die tatsächlichen Handlungsspielräume für Einfluss zunehmend begrenzt sind.

Dieses Spannungsfeld wird u.a. auch in den Untersuchungen des BePart-Projekts aufgegriffen, in dem Zeitfragen berücksichtigt wurden. Beispielsweise wurde in der umfangreichen Datenerhebung festgestellt, dass Beteiligung die Energiewende keinesfalls verzögert und eine frühzeitige Einbindung zur positiven Wahrnehmung beitragen kann. Ein wichtiger und durch regulatorische Maßnahmen wie das Windenergieanlagenabgabengesetz in Brandenburg bereits verbreiteter Hebel wurde in der finanziellen Teilhabe sowohl von Bürgerinnen und Bürgern als auch von Kommunen gesehen.
Die Podiumsdiskussion versammelte verschiedene Praktiker*innen und im Mittelpunkt stand die Erkenntnis, dass Beteiligung ein zentraler Erfolgsfaktor in der Projektentwicklung ist. Allerdings wurde nochmals betont, dass finanzielle Teilhabe allein nicht genüge; ebenso entscheidend seien Vertrauen, Kommunikation, Timing und der sensible Umgang mit Emotionen.

Katrin Bender (wpd GmbH) unterstrich, dass lange Projektlaufzeiten vor allem durch Genehmigungsverfahren und ein uneinheitliches Regelwerk bedingt sind, nicht durch Beteiligung. Entscheidend sei das Verständnis lokaler „Soziotope“ und die Wahl des richtigen Zeitpunkts für die Einbindung. Finanzielle Beteiligung könne unterstützen, sei aber nur ein Teil des Erfolgs.
Matthias Bölt (Bürgermeister von Havelberg) betonte, dass Beteiligung Vertrauen schaffe und sowohl sachlich als auch emotional gedacht werden müsse. „Die Kommune, das sind wir Bürger*innen“ – daher müsse transparent kommuniziert werden, dass Einnahmen der Kommune zugleich den Menschen vor Ort zugutekommen. Wirkliche Resonanz entstehe nicht durch kleine Zahlungen, sondern durch echte Mitgestaltung, Transparenz und das Gefühl, Teil des Projekts zu sein.
Mirco Sieg (NRW.Energy4Climate) erläuterte das Bürgerenergiebeteiligungsgesetz NRW, das Kommunen einen flexiblen „Werkzeugkasten“ bietet – etwa Stiftungsmodelle, vergünstigte Stromtarife oder Nachrangdarlehen – und so echte Beteiligung vor Ort ermöglicht. Das Gesetz werde positiv aufgenommen und aktiv genutzt.
Christoph Hüls (Bürgerenergieverbund Steinfurt) stellte den „echten Bürgerwind“ im Landkreis Steinfurt vor, bei dem Bürgerinnen gemäß Leitlinien als Kommanditistinnen beteiligt werden. Dadurch bleibt ein größerer Teil der Wertschöpfung in der Kommune, Nachhaltigkeit wird mit der Landwirtschaft verknüpft und lokale Windberatungsstellen unterstützen die Umsetzung.
Christopher Göpfert (TransnetBW) betonte, dass der Übertragungsnetzausbau meist kritisch gesehen werde – vor allem wegen der Eingriffe in die Landschaft. Anders als bei anderen Energieprojekten gibt es hier keine finanzielle Beteiligung. Es gehe nicht um das „Ob“, sondern um das „Wie“ des gesetzlich vorgegebenen Ausbaus. Informelle Beteiligung verkürze Planungsprozesse und mache Entscheidungen nachvollziehbarer. Wichtig sei, den Gesamtnutzen immer wieder zu vermitteln; Erdverkabelungen stoßen dabei auf mehr Akzeptanz als oberirdische Leitungen.
Viele dieser Aspekte finden sich im Bericht der BePart-Studie wieder, welche mit konkreten Empfehlungen den Mehrwert von Beteiligung in Wind-, Freiflächensolar und Übertragungsnetzprojekten herausstellt.
