Overline: Ein gemischtes Fazit
Headline: 20 Jahre nach dem Kyoto-Protokoll: Sind wir mit dem Pariser Abkommen und der COP23 auf dem richtigen Weg?

Auckland, 28. November 2015: Tausende Menschen demonstrierten in Neuseeland für den Klimaschutz.
istock/chameleonseye

Am 11.12.1997 wurde zum ersten Mal in der Geschichte ein international verbindlicher Klimavertrag verabschiedet, der 37 Industrieländer zu individuellen Treibhausgasreduktionen verpflichtete: das Kyoto-Protokoll. In dem umjubelten Abkommen legten Industrieländer durchschnittlich eine  Treibhausgasminderung von ca. 5 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 fest. Deutschland verpflichtete sich hier gar zu einem Ziel von 21 Prozent.  Die Euphorie wich jedoch bald der Realität. Die USA als einer der größten Emittenten ratifizierten das Abkommen nie, Kanada konnte seine Ziele nicht erreichen und stieg nachträglich aus, und die eigens aufgesetzten Instrumente wie der Emissionshandel und der Clean Development Mechanism ernteten weltweit harsche Kritik.

20 Jahre später fällt das Fazit gemischt aus: Seit Kyoto haben wir einiges gelernt, vieles aber auch nicht.

Auf technischer Ebene haben wir erstaunlichen Fortschritt erreicht und damit begonnen, eine riesige neue Infrastruktur aufzubauen.

Die erneuerbaren Energien, allen voran die Solarkraft,  sind weltweit auf dem Vormarsch: Im letzten Jahr waren sie für fast zwei Drittel des Gesamtzuwachses der Elektrizitätskapazitäten verantwortlich. Es werden mehr Treibhausgasdaten denn je gesammelt und ausgewertet: Neben den Industrieländern haben in den letzten Jahren auch immer mehr nicht dem Kyoto-Protokoll verpflichtete Länder  damit begonnen, nationale Emissionsregister und Systeme zur Messung, Berichterstattung und Verifizierung (Measurement, Reporting and Verification‚ kurz MRV) aufzubauen; zum Beispiel Vietnam, Chile, Costa Rica, Indonesien, Jordan, Mexiko, Marokko, Südafrika und Thailand, aber auch viele andere. Viele neue und bereits bekannte Klimaschutzinstrumente wurden seit Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls getestet; beispielsweise wächst weltweit der Gebrauch von ökonomischen Klimaschutzinstrumenten wie  Emissionshandelssystemen oder Kohlenstoffsteuern, und mehr Länder denn je haben Klimaschutzgesetze und Regelungen verabschiedet.

Dementgegen bleibt jedoch die weltweite Zusammenarbeit und politische Kooperation zurück.

Wie schwierig politische Zusammenarbeit wirklich ist, das zeigt zum Beispiel das jahrelange Ringen um ein Kyoto-Nachfolgeabkommen. Erst im allerletzten Moment, nämlich dem letzten Kyoto- Verpflichtungsjahr 2012, einigten sich die Staaten auf eine Verlängerungsperiode, das so genannte Doha Amendment. Hier  verpflichteten sich jedoch nur wenige Industrieländer dem gemeinsamen Ziel, ihre Emissionen von 2013 bis 2020 um mindestens 18 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu reduzieren.  Obwohl seine Laufzeit bereits 2013 begann, ist der Vertrag bis heute noch nicht in Kraft getreten, da noch nicht genügend Mitglieder, darunter die EU, das Abkommen ratifiziert haben.

Im Jahr 2015 entschloss sich die Staatengemeinschaft schließlich zu einem neuen Abkommen. Das Pariser Abkommen wurde ebenfalls laut gefeiert, da es diesmal gelungen war, Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer einzubinden. Dafür ist von den gemeinsamen Verpflichtungen nur wenig  übrig geblieben: Es setzt sich nun jedes Land seine eigenen Ziele und entscheidet selbst über den Weg dorthin, auch wenn es das Gesamtziel gibt, die Erderwärmung unter 2° C zu halten.

Bereits zwei Jahre später, 2017 auf der COP23, wird deutlich: Während man sich auf technischen Fortschritt leicht einigen kann, ist politische Zusammenarbeit sehr viel aufwendiger. Es ist bekannt, wie viele Treibhausgase weltweit reduziert werden müssen, und die Staaten setzen sich zwar ein großes Gesamtziel, aber es stockt bei dem gemeinsamen Weg dorthin. Alle Länder haben unterschiedliche Vorstellungen davon, was das Pariser Abkommen bedeutet und wie man die Klimaschutzziele erreicht. Nach wie vor stehen nationale  Interessen im Zentrum. Der Ansatz unter Kyoto, Grenzen und Minderungsansätze zentral festzulegen, ist gescheitert. Jedes Land fährt – unter einem gemeinsamen Pariser Dach – wieder gemäß seinem eigenen Fahrplan in seiner „Nationally Determined Contribution (NDC)“.

Und es zeigt sich, dass auch das nur unzureichend Erfolg verspricht. Aktuelle Berichte legen nahe, dass die bisher zugesagten Minderungsversprechen aller Pariser Mitglieder nur etwa ein Drittel der notwendigen Emissionsminderungen zur Vermeidung einer gefährlichen Erderwärmung ausmachen. Und die als historischer Erfolg bezeichnete Unterschrift der USA unter dem Pariser Abkommen soll bereits wieder zurückgezogen werden.

Der „kooperative Ansatz“ bleibt zurück; der Abgrund zwischen Industrie- und Entwicklungsländern – also zwischen den Hauptverantwortlichen der bisherigen Emissionen und denen, die unter dem  Klimawandel am stärksten zu leiden haben – ist so groß wie eh und je. Das wird besonders auf den alljährlichen UN-Klimaverhandlungen bewusst: Hier werden nationale Positionen gesammelt und zusammengeschrieben, aber auf der Konferenz selbst kann man den Eindruck gewinnen, es fehle an wirklichem Austausch. Kontraste und Widersprüche tauchen an allen Ecken auf: Während in der einen Zone Vertreter aus aller Welt verhandeln, werden auf der anderen Seite wissenschaftliche Neuigkeiten vorgestellt, gibt es Tourismusmessen ähnliche  Szenen auf einer anderen Seite,  vor der Tür protestieren Umweltaktivisten, es finden sich Ausstellerstände von Naturschützern bis hin zu Nuklearenergielobbyisten auf engstem Raum.

Ein persönlicher Gedanke kommt auf, dass, obwohl großes Potential in dieser „Konferenz der Kontraste“ liegt, viel davon nicht genutzt wird, es fehlt an konkretem Austausch – und vielleicht auch an der Integration dieser vielen verschiedenen Facetten.  Wir haben eben vieles noch nicht gelernt in den letzten 20 Jahren.

Aber vielleicht ist das ja auch der  richtige Ansatzpunkt etwas zu verändern:  zunächst im Kleinen mit abwechslungsreichen, dialogoffenen Events auf Veranstaltungen wie der COP?

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