Headline: Die Arktis verstehen: Wissenschaftliches Lehrbuch zur Arktispolitik

„Internationale Politik und Governance in der Arktis“ versteht sich als Lehrbuch und gibt ebenso verständlich wie fundiert Auskunft über Geschichte, Akteure und Prozesse der internationalen Arktispolitik. Autoren sind Kathrin Stephen vom IASS, Sebastian Knecht von der Freien Universität Berlin und Golo M. Bartsch vom Europäischen Auswärtigen Dienst (Brüssel).

Die Arktis verändert sich durch den Klimawandel noch schneller als andere Weltregionen.
Die Arktis verändert sich durch den Klimawandel noch schneller als andere Weltregionen. Alfred-Wegener-Institut/Mario Hoppmann (CC-BY 4.0)

Die Arktis: Ziel abenteuerlicher Entdeckerreisen. Der Wettlauf zum Nordpol. Thule, Wikinger und Walfang. Und zuletzt eher: Beweismittel für den menschengemachten Klimawandel. Schmelzende Polkappen und Eisschollen mit traurigen Eisbären. Begehrliches Ringen um den Abbau fossiler Rohstoffe. Wer beim Stichwort „Arktis“ an so etwas denkt, kann dieses Buch als Aufklärungswerk lesen, das die Stereotypen in den Köpfen der Leserschaft aufnimmt, Themen und Thesen ausführt und, wo nötig, gerade rückt.

Doch das Buch wendet sich ebenso an die Informierteren, diejenigen, die sich besser auskennen mit den Effekten des Anthropozäns. Sie finden vertiefende Analysen und Verweise auf wissenschaftliche Erkenntnisse, historische Begebenheiten und aktuelle Entwicklungen in der Ressourcen-, Umwelt- und Sicherheitspolitik des Hohen Nordens. Die Leserinnen und Leser lernen die „Arktischen Acht“ kennen (die acht Staaten, deren nördliches Gebiet jenseits des 66. Nördlichen Breitengrads liegt), ihre Ansichten und Ansprüche ebenso wie die der weiteren Akteure in Arktis-Politik und -Governance. Welche Politikstrategien haben die verschiedenen Staaten und andere Akteure – und wie wirken sich die unterschiedlichen Perspektiven auf die Geopolitik aus? 

Globalisierung und Klimawandel bestimmen das Anthropozän – und die Zukunft der Arktis

Die Autoren stellen die Arktis als komplexes Aktionsfeld der internationalen Beziehungen in der neuen Ära dar, an deren Beginn wir gerade stehen: dem Anthropozän, dem vom Menschen bestimmten Zeitalter. Globalisierung und Klimawandel, davon sind die Autoren überzeugt, werden die natur- wie die sozialwissenschaftlichen Prozesse der Zukunft weltweit prägen. 

Die Arktis wird uns vorgestellt als „Paradebeispiel“, das wie durch ein Brennglas die aktuellen und künftigen Entwicklungen zeigt. Die Erde erwärmt sich. Und in der Arktis erwärmt sie sich „doppelt so schnell, doppelt so intensiv wie im globalen Durchschnitt“. Dabei beteiligt sich das Buch nicht an Weltuntergangsphantasien, sondern trägt zur Versachlichung der Debatte bei. Kühl wird auf die von manchen als positiv empfundene Kehrseite der Medaille verwiesen, das so genannte „arktische Paradoxon“. Demnach trägt das Verbrennen fossiler Energieträger zur globalen Erwärmung bei, wodurch die arktische Meereisbedeckung schmilzt und den Zugang zu neuen Öl- und Gasressourcen ermöglicht.

Wie sich internationale Klima-, Wirtschafts- und Umweltpolitik dazu verhalten wird; ob und wie sich das Governance-Gefüge der Arktis bewähren wird, bleibt abzuwarten. Dieses lesenswerte Werk plädiert für eine verstärkte sozialwissenschaftliche und interdisziplinär angelegte Arktisforschung, um die Wissensbasis zum Schutz der Arktis zu verbreitern.

Kathrin Stephen, Sebastian Knecht, Golo M. Bartsch: „Internationale Politik und Governance in der Arktis: Eine Einführung“, 181 Seiten, Springer Spektrum, ISBN 978-3-662-57420-1, erscheint Ende August 2018 als Softcover, 29,99 Euro (D)/ 30,83 Euro (A). Als E-Book bereits erhältlich 22,99 Euro/ 22,99 Euro (A).