Overline: Ehrenveranstaltung
Headline: Klaus Töpfer: Brückenbauer für nachhaltige Entwicklung für alle

„Nachhaltige Entwicklung als Menschheitsaufgabe“ – unter diesem Titel stand die Ehren-Veranstaltung zum 85. Geburtstag von Prof. Dr. Klaus Töpfer am 7. November.  Eingeladen hatten die Konrad-Adenauer-Stiftung, das Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS - ehemals IASS) und die Germanwatch-nahe Stiftung Zukunftsfähigkeit. Im folgenden Bericht fasst Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zukunftsfähigkeit, Eindrücke und Ergebnisse des Abends zusammen.

Klaus Töpfer
Klaus Töpfer Edgar Nemschok/KAS

Mit der Veranstaltung würdigten die gastgebenden Institutionen das Lebenswerk von Klaus Töpfer und setzten viele inhaltliche Impulse zu nationalen und internationalen Fragen nachhaltiger Entwicklung. Der Aktionsradius des ehemaligen Bundesministers, UNEP-Direktors und IASS-Gründungsdirektors war und ist international weit gefasst und wurde in Berlin, moderiert von Petra Pinzler, von Prof. Dr. Norbert Lammert, Andreas Jung MdB, Tanja Gönner, Katrin Göring-Eckardt MdB, Dr. Kathrin Goldammer, Antje von Broock, Dr. Eckart von Hirschhausen, Prof. Dr. Mark Lawrence und Klaus Milke gewürdigt.

Mit Steffi Lemke, Barbara Hendricks, Peter Altmaier und Jürgen Trittin gaben sich die amtierende und einige der Klaus Töpfer nachfolgenden Bundesumweltminister und -ministerinnen die Ehre. Sie erlebten in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung zusammen mit einem hochkarätigen Publikum aus den verschiedenen demokratischen Parteien, der Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ein lebendiges Programm. Dieses wurde vom Hausherrn Prof. Dr. Norbert Lammert mit einem Blick auf die Vita des Jubilars und auf die prägende Rolle in der Union eröffnet.

Eckart von Hirschhausen präsentierte einen mit Humor und Provokationen angereicherten Diskurs über die deutsche Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik, wie sie in der Bundesrepublik seit dem Reaktorunfall von Tschernobyl und der Gründung des Bundesumweltministeriums 1986 durch die Handschrift von Klaus Töpfer maßgeblich geprägt worden ist. Hirschhausen schlug vor, dass „Über-Nächsten-Liebe“ ein neues Wort für umfassende Weltverantwortung und christliche Politik sein könnte.

Der Begriff der Nachhaltigkeit ist zwar in aller Munde – in politischen Debatten, in Wissenschaft und Forschung, bei der Wirtschaft und auch in Forderungen der Zivilgesellschaft. Und dies auf nationaler und auf internationaler Ebene. Doch die Zeit läuft uns davon, die Klima- und die Biodiversitätskrisen verstärken sich ständig. Nunmehr im Zeitalter der Dominanz des Menschen, dem Anthropozän, angekommen müsse es ab sofort um sehr viel größere Anstrengungen für mehr nachhaltige Entwicklung nicht nur im eigenen Land gehen.

In seiner Keynote verdeutlichte Andreas Jung MdB die Verdienste von Klaus Töpfer auch für die beharrliche und zielstrebige Weiterentwicklung der Programmatik der Union. Der Markt könne nicht alles lösen und ohne Ordnungspolitik mit einem adäquaten Instrumentenmix ginge es nicht. Nachhaltige Entwicklung sei ein Querschnittsthema, bei dem die komplexe Wechselwirkung aus ökologischer, ökonomischer und vor allem auch sozialer Entwicklung in eine Balance zu bringen seien.

Klaus Töpfer verdeutlichte, dass es letztlich um eine Verantwortungsübernahme von allen für die Zukunft gehe – und das auf allen Ebenen: lokal, regional, national und international – also um eine Menschheitsaufgabe für die jetzigen und für die zukünftigen Generationen. Vielfältige elementare Herausforderungen, multiple Krisen, Kriege und Konflikte unserer Zeit haben uns und mit uns die Menschen in der ganzen Welt auf zentrale Fragen zurückgeworfen. Worauf bauen wir unsere Zukunft bei demnächst 9 Milliarden Menschen? Wie wollen wir heute leben? Was brauchen wir für einen Lebensstil, damit das Leben auf der Erde auch für künftige Generationen noch lebenswert bleibt? Und werden die Ansätze der Klima- und Umweltpolitik so gestaltet, dass sie auch demokratiefördernd und an den elementaren Menschenrechten ausgerichtet sind?

Wichtige Elemente der Debatte waren auch das Vermeiden von Doppelstandards, der konsequente Angang von Fluchtursachen als Reaktion auf problematische Ansätze der Migrationspolitik. Immer wieder betont wurden die Notwendigkeit von mehr Perspektivwechsel und die dringende Wertschätzung anderer Kulturen.

Töpfer betonte die Notwendigkeit im Sinne des kritischen Rationalismus die Wissenschaft einerseits als Grundlage des Handelns zu akzeptieren, aber im Bewusstsein, dass sie immer nur vorläufiges Wissen beinhalte. Denn wissenschaftlicher Fortschritt entstehe durch Falsifizierungen: „Wir irren uns nach vorne“. Wichtig sei es, auf Technologien zu setzen, die enkeltauglich, fehlerfreundlich, demokratiefähig, reparaturfähig und arbeitsschaffend seien.

Gerade auch für die Innenpolitik und angesichts von zunehmenden Spaltungen in der Gesellschaft gelte: wir müssen wieder lernen, genauer hinzusehen und wirklich zuzuhören. Also nicht nur unser vorher schon vorbereitetes Statement anderen entgegenzuhalten. Die Lösung der großen, aber auch der lokalen Probleme sei ohne Vertrauen, Kooperation, neue Allianzen und Partnerschaften nicht möglich.

Klaus Töpfer ist eine besonders markante politische Persönlichkeit der christlich-demokratischen Kultur Deutschlands, aber auch herausragend in der Wissenschaft (und deren Relevanz für Politik) sowie im Zusammenwirken mit der nationalen und internationalen Zivilgesellschaft. Lang anhaltender Applaus und viele Gesten am Ende des langen Abends zeugten vom Dank und der Wertschätzung für den Geehrten, der die Nachhaltigkeitspfade und Klimaschutzstrategien mit wachem Herzen und klarer Analyse bis heute begleitet. Die Gesprächsrunde und viele Gäste sprachen die so wertvollen Impulse durch Klaus Töpfer an, - diesen ruhelos am offenen Diskurs interessierten und begnadeten Innovator und Denker. Sie berichteten, wie er immer wieder Brücken baute, obwohl es einfacher sei Gräben zu schaufeln.