Headline: 2016 Global Think Tank Ranking: IASS unter den führenden westeuropäischen Denkfabriken

Chatham House (Großbritannien) ist der Thinktank des Jahres 2016, während die Brookings Institution (USA) nach wie vor am einflussreichsten ist. Das 10. jährliche Ranking, erstellt durch das Think Tanks and Civil Societies Program (TTCSP) der University of Pennsylvania, wurde am 27. Januar 2017 in Berlin vorgestellt. Es dient dazu, die führenden Thinktanks der Welt zu würdigen. Gastgeber der Veranstaltung war im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft die Stiftung Mercator; Mitveranstalter waren das Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS), das Center for International Governance Innovation (CIGI) und das Ecologic Institut.

Das Global Go To Think Tank Ranking 2016 listet das IASS unter 125 führenden westeuropäischen Thinktanks auf Platz 103. Insgesamt werden 23 deutsche Thinktanks auf der Liste für Westeuropa aufgeführt. Die führenden Thinktanks wurden in einem langwierigen Ranking-Verfahren ausgewählt: 6846 Thinktanks, die in der Global Think Tank Database des TTCSP erfasst sind, wurden kontaktiert, und mehr als 2500 Journalisten, Politiker, öffentliche und private Stifter sowie Fachleute und regionale Experten nahmen teil.

Bei der Vorstellung des Ranking in Berlin führten Philipp Wesemann und Kirsten Hommelhoff von der Stiftung Mercator in das Thema ein und erklärten die Sichtweise eines philanthropischen Unterstützers, Initiators und Gründers verschiedener Thinktanks. Martin Jänicke vom IASS lieferte gute Beispiele dafür, wie sich Expertenwissen in Politikberatung umsetzen lässt, und beleuchtete die Rolle von Thinktanks bei der internationalen Verbreitung erfolgreicher Politik. Neben der Bereitstellung von Daten, Informationen, Fakten und Analysen erwartet man von Thinktanks, dass sie politische Optionen und Empfehlungen ausarbeiten, Brücken bauen, an den Schnittstellen von Wissenschaft, Gesellschaft und Politik „Übersetzungen“ liefern sowie bei Umsetzung, Nachbereitung und Rechenschaftspflicht helfen.

Einen Überblick über das Global Think Tank Ranking gab R. Andreas Kraemer von IASS, CIGI und Ecologic Institut, der auch kritische Anmerkungen und Erklärungen zum Ranking-Verfahren und zu hartnäckigen Vorurteilen beisteuerte und die wichtigsten Einstufungen deutscher Thinktanks beleuchtete. Zudem skizzierte er die Entwicklung des T20-Netzwerks – Thinktanks in den G20-Ländern – seit seinen Anfängen 2012.

T20 – Thinktanks in den G20-Staaten – als „ehrliche Makler“

Die T20 haben unter den Gruppierungen, die sich bei den G20 engagieren, eine einzigartige Stellung, weil Thinktanks wissenschaftlich fundierte Anregungen liefern, die nicht auf eigenen wirtschaftlichen Interessen beruhen. Als „ehrliche Makler“ steuern sie Erfahrungen und Ideen bei und betätigen sich nicht als Lobbyisten. Sie liefern wichtige Netzwerkdienste und tragen dazu bei, Herausforderungen und Entscheidungen der G20 zu kommunizieren.

Simon Marr vom G20-Sherpa-Team im Bundeskanzleramt erläuterte die Erwartungen an die T20 und den Input, den die T20 in punkto Aktualität, Stil und Praktikabilität für Politik und Diplomatie im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft liefert. Axel Berger vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (GDI-DIE) betrachtete die fluktuierende Mitgliedschaft der T20 bis heute und beleuchtete die Planungen, die vom GDI-DIE und dem Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) als T20-Koordinatoren während der deutschen Präsidentschaft durchgeführt wurden. Eine Herausforderung für die T20 besteht darin, dauerhaftere Strukturen für Information und Koordination aufzubauen und das Misstrauen in einigen populistischen Kreisen zu zerstreuen, die Thinktanks für suspekte Eliteinstitutionen halten.

Die Tätigkeit der T20 verteilt sich auf verschiedene Arbeitsgruppen. Brigitte Knopf vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC Berlin), die auch die Arbeit der T20-Taskforce über Klimapolitik und Finanzen koordiniert, gab einen Einblick in deren laufende Arbeit. Gemeinsam mit fast allen G20-Ländern formuliert die Arbeitsgruppe ein übergreifendes Narrativ über die Bedeutung der Einführung eines Kohlenstoffpreises als Motor für Innovation, Effizienz und Wachstum und erstellt vier T20-Policy-Briefs zu spezifischen Herausforderungen. Die Arbeitsgruppen streben nicht nur an, alle G20-Länder einzubeziehen, sondern wenden sich auch an Nicht-G20-Länder.

Heino von Meyer, Leiter des Berlin Centre der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), schilderte Aufgaben und Aspekte, die die OECD zu einem Thinktank machen, und unterstrich ihre Rolle als Stütze für den G20-Prozess. Sie kann datenbasiertes Monitoring für die Nachbereitung zu G20-Resolutionen liefern, politische Lernprozesse unterstützen und für die Verbreitung bewährter Verfahrensweisen sorgen.

Nach Deutschland wird Argentinien die G20-Präsidentschaft übernehmen. Wie David Gregosz, Koordinator für die internationale, wirtschaftpolitische Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und Experte für das KAS-Regionalprogramm „Soziale Ordnungspolitik in Lateinamerika“, erklärte, wird die Übergabe von Deutschland an Argentinien nicht reibungslos verlaufen. Im letzten Jahrzehnt war Argentinien von internationalen Institutionen und Prozessen und sogar von Handel und Investitionen weitgehend abgeschnitten. Die Kapazitäten für internationales Engagement und Koordination sind bei Regierung und Thinktanks gleichermaßen erodiert, und es gibt keine Überschneidungen zwischen der deutschen G20-Agenda und den voraussichtlichen Prioritäten Argentiniens.

In der darauf folgenden Diskussion, moderiert von Camilla Bausch vom Ecologic Institut, wurde gewürdigt, dass Thinktanks die Manifestation einer sich entwickelnden internationalen Zivilgesellschaft seien, die eine kritische Partnerschaft bei der politischen Koordination und politischen Lernprozessen unter Regierungen wie im Rahmen der G20 anbieten kann. Die Teilnehmer unterstrichen, dass Thinktanks in Argentinien Unterstützung bei der Aufgabe verdienen, sich auf ihre Aufgaben bei der Koordinierung und Belebung des T20-Netzwerks der Thinktanks während der bevorstehenden G20-Präsidentschaft Argentiniens vorzubereiten.