Headline: Umweltvorteile sichtbar machen: Wege zu einer stärkeren Nachfrage nach biobasierten Produkten

Expertenbefragung

(c) istock/Bill Oxford
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Kompostierbare Plastiktüten gibt es längst, ebenso wie Reinigungsmittel und Baumaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen. Technisch, da sind sich Experten einig, wäre noch viel mehr möglich – wenn denn die Nachfrage da wäre. Derzeit spielen biobasierte Inhaltsstoffe im Beschaffungswesen von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen in Europa jedoch kaum eine Rolle. Dabei können sie zu einer verantwortungsvolleren Nutzung natürlicher Ressourcen und somit zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise beitragen. Wie können biobasierte Produkte attraktiver werden? Das war das Thema zweier Expertenbefragungen im Rahmen des EU-finanzierten Projektes Open Bio, deren Ergebnisse jetzt in der Zeitschrift Biofuels, Bioproducts and Biorefining erschienen sind.

Markttreiber in EU-Ländern unterscheiden sich deutlich

Rainer Quitzow vom IASS und Jan Peuckert von der Technischen Universität Berlin befragten 324 Fachleute für die Beschaffung von Gütern für Unternehmen (Business-to-Business, B2B) aus 17 EU-Ländern sowie 171 Experten für das öffentliche Beschaffungswesen aus 12 EU-Ländern. Die Befragten gaben Auskunft zu wesentlichen Markttreibern und -barrieren, den wichtigsten Informationsanforderungen und ihrer Sicht auf die Rolle von Produktkennzeichnungen und -standardisierungen. Die Unternehmensbefragung zeigte, dass sich die Einflussfaktoren, die Markttrends auslösen oder deren Richtung bestimmen, in den europäischen Ländern deutlich unterscheiden.

„In Frankreich ist zum Beispiel lokale Wertschöpfung ein starker Treiber: 70 Prozent der Befragten erachten sie für wichtig. In Italien hingegen sind biologisch abbaubare Produkte deutlich beliebter als in anderen EU-Staaten. Rund die Hälfte der Befragten bezeichnete dieses Kriterium als wichtig. Tatsächlich sind dort kompostierbares Plastikgeschirr und Tüten aus Biokunststoff bereits heute sehr verbreitet. Damit versucht man allerdings auch zu kompensieren, dass Recycling-Systeme dort bisher weniger entwickelt sind“, erläutert Rainer Quitzow. In Deutschland lagen die Zustimmungswerte zu allen erfragten Markttreibern etwa im europäischen Durchschnitt. Als positive Effekte biobasierter Produkte gelten den Befragten unter anderem eine größere Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen, die Minderung von CO2-Emissionen sowie ein positives Image.

EU entwickelt Standards für biobasierte Produkte

Die Ergebnisse der Befragungen dienen dem EU-Normenausschuss dazu, marktgerechte Standards für biobasierte Produkte zu entwickeln. Im Rahmen des Open-Bio-Projektes ist bereits eine Datenbank für das öffentliche Beschaffungswesen entstanden, die über biobasierte Produkte aus Bereichen wie Gartenbau, Elektronik und Büroausstattung informiert. Die Nachhaltigkeit dieser Produkte müsse allerdings von Fall zu Fall bewertet werden, betont Quitzow: „Die Umweltvorteile von biobasierten Produkten sind noch nicht gut herausgearbeitet, es gibt beispielsweise kaum Studien, die biobasierte Produkte mit konventionell hergestellten Produkten vergleichen.“

Bei der Umweltkennzeichnung werde häufig der Schaden, der durch die Extraktion fossiler Rohstoffe entsteht, nicht berücksichtigt. Stattdessen ständen der Produktionsprozess und die Entsorgung im Vordergrund, erläutert der Politikwissenschaftler. Bestehende Recycling-Systeme seien aber auf konventionelle Produkte ausgerichtet – ein klarer Vorteil bei der Vergabe von Umwelt-Gütezeichen. Auch für diese Herausforderung habe die Normenentwicklung auf europäischer Ebene große Bedeutung. Um die Akzeptanz von biobasierten Produkten zu erhöhen, halten Quitzow und Peuckert die verstärkte Berücksichtigung der Umweltfolgen von Rohstoffgewinnung bei der Vergabe von Umweltgütezeichen für sinnvoll.

Peuckert, J., Quitzow, R. (2016 online): Acceptance of bio-based products in the business-to-business market and public procurement: Expert survey results. - Biofuels, Bioproducts & Biorefining.