Headline: Wie Bürger ihren Energieverbrauch optimieren können: Neue Veröffentlichung über eine interaktive Ausstellung

Beim interaktiven Netz-Spiel können Besucher einen Eindruck davon bekommen, wie ein intelligentes Netz funktionieren würde. © Baden-Württemberg Stiftung
Beim interaktiven Netz-Spiel können Besucher einen Eindruck davon bekommen, wie ein intelligentes Netz funktionieren würde. © Baden-Württemberg Stiftung

Intelligente Netze sind ein wichtiger Baustein der Energiewende. Der Anteil der stark schwankenden Einspeisungen aus erneuerbaren Energiequellen steigt, auch viele Kleinerzeuger gewinnen heute mit dezentralen Anlagen wie Solarmodulen auf dem Hausdach Strom. Für solch neue Anforderungen muss das Verteilernetz zu einem sogenannten intelligenten Netz umgebaut werden, in dem die Stromversorgung durch Informations- und Kommunikationstechnologie ergänzt wird. Dies ermöglicht es, die Nachfrage auf innovative Weise zu steuern. Um das Bewusstsein der Bürger für die gegenwärtigen Veränderungen zu schärfen, tourt seit September 2010 die mobile Ausstellung „Expedition N“ – der Buchstabe steht für „Nachhaltigkeit“ – der Baden-Württemberg Stiftung durch den Südwesten Deutschlands. IASS-Direktor Ortwin Renn und Senior Fellow Ilan Chabay haben die Stiftung bei der Konzeption der Ausstellung und bei einer umfassenden Überarbeitung 2013 beraten. In einem in der Zeitschrift „Energy, Sustainability and Society“ veröffentlichten Artikel beschreiben sie und Kollegen nun, wie die Ausstellung Bürger motiviert, sich mit einer nachhaltigeren Weise der Energienutzung auseinanderzusetzen.

Beim interaktiven Netz-Spiel können Besucher einen Eindruck davon bekommen, wie ein intelligentes Netz funktionieren würde. © Baden-Württemberg Stiftung
Beim interaktiven Netz-Spiel können Besucher einen Eindruck davon bekommen, wie ein intelligentes Netz funktionieren würde. © Baden-Württemberg Stiftung

„Das intelligente Netz eröffnet neue Möglichkeiten der Nachfragesteuerung und der privaten Stromerzeugung durch Bürger. Dadurch kann jeder einen Beitrag zu den Energiewende-Zielen leisten“, sagt Leitautorin Huijie Li von der Universität Stuttgart. Doch ohne das Engagement von Verbrauchern bleibe das intelligente Netz nur ein technisches Konzept. „Eine Umfrage hat ergeben, dass Bürger viel weniger über das intelligente Netz als über die Energiewende gehört haben. Sie haben unscharfe Bilder im Kopf und sind sich über die Vor- und Nachteile nicht im Klaren“, erläutert Li. Die Ausstellung vermittle das nötige Wissen.

Eines der Exponate ist das interaktive „Netz-Spiel“, an dem das Grundprinzip des intelligenten Netzes der Zukunft spielerisch erfahrbar wird. Bis zu sechs Personen beteiligen sich an dem Spiel, in dem fünf von ihnen die Nutzung von Geräten in ihrem eigenen virtuellen Haushalt managen. Einer von ihnen dreht an einer Handkurbel, um die Energie zu liefern, die seine Mitspieler benötigen. Die Akteure merken sehr schnell, dass ihr Energiebedarf ohne die Möglichkeit, ihre Energienutzung zu koordinieren, zu groß werden kann und sie deshalb einen Stromausfall auslösen. Sie können dann eine Strategie für ein „intelligentes“ Energiesystem testen, das ihnen hilft, ihre Nutzung zu koordinieren und die Energieverbrauchsspitzen abzumildern. Es muss zum Beispiel Einigkeit darüber herrschen, welches Gerät wann laufen soll, damit einerseits kein großer Stromüberschuss vorhanden ist und andererseits kein Blackout durch Netzüberlastung entsteht.

Das Spiel simuliert, was künftig Realität werden soll: Energieversorger können im intelligenten Netz in Echtzeit nachvollziehen, wieviel Strom ein Konsument gerade verbraucht und können nur die Menge liefern, die gerade benötigt wird. Informierte Konsumenten können aktiv an der Optimierung des gesamten Stromversorgungssystems mitwirken. Das intelligente Netz informiert Konsumenten besser, wie sie Strom verbrauchen, und unterstützt sie dabei, ihren Konsum anzupassen, besonders während Zeiten starker Belastung.

Neben solch interaktiven Exponaten bietet die Ausstellung zielgruppenspezifische Veranstaltungen wie Vorträge und Diskussionsrunden. Rund 470.000 Besucher haben sich bislang auf die „Expedition N“ begeben, mehr als 80 Prozent bewerteten ihr Erlebnis positiv. „Bei der Konzeption der Ausstellung und des Spiels war unsere Intention, das Interesse und die Neugier der Besucher zu stimulieren, so dass sie aktiv Informationen einholen und Ideen erkunden, die ihnen wichtig sind“, sagt Ilan Chabay. Je größer das Verständnis und die Unterstützung der Öffentlichkeit, desto schneller kann der Übergang zu einer modernen, kohlenstoffarmen Energieversorgung vollzogen werden. Mit einer ausgewogenen Mischung aus Informationen, Gelegenheiten zum Experimentieren und Reflektieren, Quizzen und Rollenspielen leistet „Expedition N“ somit einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Stromversorgung.

Li, H., Chabay, I., Renn, O., Weber, A., Mbungu, G. (2015): Exploring smart grids with simulations in a mobile science exhibition. - Energy, Sustainability and Society, 5, 1, 37.