Headline: Wem gehören die Ressourcen der Tiefsee? Diskussion in Brüssel über Europas Rolle in der Meerespolitik

Schutz der Ozeane

Bis zu 13 Millionen Tonnen Plastikmüll landen jedes Jahr im Meer. © istock/MikaelEriksson
Bis zu 13 Millionen Tonnen Plastikmüll landen jedes Jahr im Meer. © istock/MikaelEriksson

Wir nutzen unsere Meere vielfältig und intensiv: Nach Schätzungen einiger Forscher ist bereits die Hälfte der Ozeane stark durch Müll, Schadstoffe, Überfischung und andere menschliche Eingriffe belastet. Um die stetig wachsenden Nutzungsansprüche mit dem Schutz der Meere in Einklang zu bringen, bedarf es eines Kurswechsels. Das Konsortium Deutsche Meeresforschung (KDM) und das IASS haben deshalb gemeinsam mit den EU-Abgeordneten Gesine Meißner und Ricardo Serrão Santos am 5. Mai zu einer öffentlichen Diskussion sowie einem anschließenden Experten-Workshop zum Thema „Towards a European Research Agenda for Ocean Governance“ eingeladen. In der Ständigen Vertretung Portugals bei der EU in Brüssel diskutierten rund 100 Teilnehmer aus Wissenschaft, den Institutionen der EU und NGOs über das Zusammenspiel gegenwärtiger Trends und Herausforderungen für Politik, Gesellschaft und Wissenschaft für einen besseren Schutz der Meere. Zu den zentralen Fragen gehörten die Folgen und Möglichkeiten der Regulierung von neuen Aktivitäten wie dem Tiefseebergbau und die Schaffung eines neuen Abkommens für den Schutz der Hohen See.

Die Abgeordneten Ricardo Serrão Santos und Gesine Meißner arbeiten im Europäischen Parlament zu Fragen des Meeresschutzes. © KDM
Die Abgeordneten Ricardo Serrão Santos und Gesine Meißner arbeiten im Europäischen Parlament zu Fragen des Meeresschutzes. © KDM

„Es ist eindeutig, dass die Tiefen der Meere enorme Chancen und Herausforderungen bieten. Sie werden in Zukunft eine Schlüsselrolle bei der Gewinnung verschiedenster Rohstoffe und Materialien spielen. Aber dies birgt auch Gefahren, die wir unbedingt frühzeitig auf internationaler Ebene angehen sollten, gerade um rechtliche Sicherheit zu schaffen“, forderte zu Beginn des Treffens Gesine Meißner, Präsidentin der Intergroup Seas, Rivers, Islands and Coastal Areas des Europäischen Parlaments. Notwendig seien dafür mehr Investitionen in Forschung sowie eine internationale Meerespolitik, die eine verantwortungsvolle Bewirtschaftung der Meere sicherstellt. Die Teilnehmer waren sich einig, dass die internationale Gemeinschaft Regelwerke und weltweite Standards festlegen sollte, bevor die Ressourcen der Tiefsee erschlossen werden. Eine umfassende Erforschung solch neuer Aktivitäten sei notwendig, um die Umweltschäden so gering wie möglich zu halten und eine gerechte Verteilung von Vorteilen zu gewährleisten.

Nachhaltige Nutzung der Meere ist eine der großen Zukunftsaufgaben

IASS-Exekutivdirektor Klaus Töpfer sagte, dass entgegengesetzte Interessen und konkurrierende Nutzungen eine frühzeitige Beteiligung verschiedener Gesellschaftsgruppen erforderten: „Auch im Bereich der Meerespolitik brauchen wir mehr Transparenz und müssen Wissenschaft und Öffentlichkeit stärker einbinden. Außerdem sollten wir uns weltweit auf einige gemeinsame Grundprinzipien einigen, gerade bezüglich Vorsorge und Haftung bei Umweltschäden.“ Das verfügbare Wissen müsse bestmöglich genutzt werden, betonte der portugiesische EU-Abgeordnete und Experte zur Ökologie der Tiefsee Ricardo Serrão Santos. Doch sollten Forschungsergebnisse stets mit einer gewissen Vorsicht betrachtet werden, schließlich habe es in der Vergangenheit immer wieder fatale Fehleinschätzungen, zum Beispiel zur angeblichen Unerschöpflichkeit der Fischbestände, gegeben. „Die Unsicherheit unseres wissenschaftlichen Wissens besteht auch heute fort und muss in Entscheidungen über neue Aktivitäten wie den Tiefseebergbau berücksichtigt werden“, sagte Santos.

Bis zu 13 Millionen Tonnen Plastikmüll landen jedes Jahr im Meer. © istock/MikaelEriksson
Bis zu 13 Millionen Tonnen Plastikmüll landen jedes Jahr im Meer. © istock/MikaelEriksson

Die nachhaltige Nutzung der Meere und ihrer Ressourcen ist eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft. Eine wichtige Rolle kommt dabei der Forschung zu, die gemeinsam mit Politik und Gesellschaft neue Ansätze für die nachhaltige Entwicklung der Ozeane entwickeln muss. Sebastian Unger wertete es daher als wichtige Entscheidung des EU-Meeres- und Umweltkommissars Karmenu Vella, die Governance der Ozeane zu einem Hauptanliegen seiner Amtszeit (2014-2019) zu machen. „Ziel dabei sollte ein wissensbasierter und nachhaltiger Umgang mit den Meeren sein. Schutz und nachhaltige Nutzung sind Grundvoraussetzungen für eine langfristige Wertschöpfung aus den Meeren“, erklärte der Leiter des Forschungsbereichs Ocean Governance am IASS. Gemeinsam mit ihren Partnern wollen IASS und KDM jetzt zur Entwicklung einer Forschungsagenda beitragen, die diesen Transformationsprozess wissenschaftlich begleitet und unterstützt.

08.05.2015