Headline: Jairam Ramesh: Klimaabkommen wird „politisch akzeptabel, aber für die Umwelt suboptimal“ ausfallen

COP21

Jairam Ramesh diskutierte mit Zuhörern über Indiens Abhängigkeit von Kohle, die Vorbildfunktion der deutschen Energiewende und seine Erwartungen an die Klimakonferenz in Paris. © IASS/Bianca Schröder
Jairam Ramesh diskutierte mit Zuhörern über Indiens Abhängigkeit von Kohle, die Vorbildfunktion der deutschen Energiewende und seine Erwartungen an die Klimakonferenz in Paris. © IASS/Bianca Schröder

Bis zum Jahr 2015 wird Indien das bevölkerungsreichste Land der Erde sein. Zugleich ist es die weltweit am stärksten wachsende Volkswirtschaft. Diese Entwicklung hat erhebliche Auswirkungen auf die Emission von Treibhausgasen. „Derzeit ist der Pro-Kopf-Ausstoß von Emissionen mit zwei Tonnen pro Jahr noch vergleichsweise niedrig, aber bis zum Jahr 2030 wird Indiens Anteil an den weltweiten Emissionen von 6 auf 15 Prozent anwachsen“, sagte der frühere Energie- und Umweltminister Indiens Jairam Ramesh am 28. September bei einem öffentlichen Vortrag zum Thema „Indien als sich entwickelnder Akteur in der internationalen Klima- und Energiepolitik“ am IASS. Ein kompletter Verzicht auf fossile Energieträger sei auf absehbare Zeit nicht möglich, Indien strebe aber eine stärkere Diversifizierung der Energieversorgung an.

Jairam Ramesh diskutierte mit Zuhörern über Indiens Abhängigkeit von Kohle, die Vorbildfunktion der deutschen Energiewende und seine Erwartungen an die Klimakonferenz in Paris. © IASS/Bianca Schröder
Jairam Ramesh diskutierte mit Zuhörern über Indiens Abhängigkeit von Kohle, die Vorbildfunktion der deutschen Energiewende und seine Erwartungen an die Klimakonferenz in Paris. © IASS/Bianca Schröder

Als Hauptproblem bezeichnete Ramesh, der zurzeit als Distinguished Senior Fellow am IASS forscht, Indiens Abhängigkeit von Kohle. Deren Anteil bei der Stromversorgung liegt zurzeit bei rund zwei Dritteln. Aufgrund des steigenden Energieverbrauchs könne Indien seine Fördermengen auf absehbare Zeit nicht senken. „Das Ziel ist es, die Nutzung alternativer Energiequellen auszuweiten und gleichzeitig sicherzustellen, dass Kohle nicht so schädlich ist wie bislang, indem wir ‚sauberere‘ Technologien nutzen“, sagte Ramesh. Zudem investiere Indien verstärkt in Solarenergie, verbesserte Energie-Effizienz und die Ausweitung und Verbesserung der Qualität von Grünflächen. Wasserkraft sei mit rund 25 Prozent der Stromerzeugungskapazitäten schon jetzt eine bedeutende Energiequelle.

Mit Blick auf die UN-Klimakonferenz in Paris Ende dieses Jahres sagte Ramesh, dass die Intended Nationally Determined Contributions (INDCs), die „angestrebten nationalen Beiträge“, nicht ambitioniert genug seien, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Wahrscheinlicher sei eine globale Erwärmung um 3,5 bis 4 Grad. Er erwarte zwar, dass ein neues Klimaabkommen beschlossen werde, sagte Ramesh, jedoch werde dieses wohl „politisch und wirtschaftlich akzeptabel, aber für die Umwelt suboptimal“ ausfallen. Ramesh war bei der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009, die ohne verbindliches Abkommen endete, Chefunterhändler seines Landes.

In der anschließenden Diskussion wurde Ramesh gefragt, ob die deutsche Energiewende eine Vorbildfunktion für Indien habe. Ramesh lobte den Ausbau der Solarenergie, den auch Indien anstrebe. Vor allem fasziniere ihn an der Energiewende aber die Gesamt-Strategie, sagte der Politiker: „Der strukturelle Wandel ist sehr wichtig, die Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr, das Stromnetz, neue Häuser.“ Auf die Frage nach einer möglichen Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Emissionen sagte er, die technologischen Möglichkeiten dafür seien sicherlich gegeben. Jedoch könne die Situation des Schwellenlandes Indien nicht mit der in Deutschland verglichen werden, wo die Entkopplung über längere Zeiträume betrachtet bereits gelungen ist. „Die Größenordnung der Steigerung unserer Energieproduktion ist enorm: Wir erhöhen unsere Kapazitäten um 20 Gigawatt pro Jahr, für die nächsten 20 Jahre“, betonte Ramesh. Das Emissionsniveau gleichzeitig stabil zu halten, sei eine gewaltige Herausforderung. Eine Entkopplung müsse daher Schritt für Schritt geplant werden.

Mehr Informationen:

07.10.2015