Headline: Empfehlungen für ein besseres Risikomanagement bei Naturgefahren: Ergebnisse der Geo.X-Konferenz in Berlin

Georisiko-Forschung

Ereignisse wie Extremwetter, Überflutungen, Erdbeben oder Erdrutsche treffen mit veränderter Häufigkeit und Stärke auf zunehmend komplexe, verwundbare Gesellschaften und beeinträchtigen deren Entwicklung. Naturgefahren zu erkennen, ihre zukünftigen Entwicklungen vorauszusagen und geeignete Schutzstrategien zu entwickeln, gehört zu den brennendsten Herausforderungen der Georisiko-Forschung. Damit die Erkenntnisse aus der Forschung besser umgesetzt werden können, bedarf es der Zusammenarbeit mit Beteiligten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Bei der Konferenz „Natural Hazards, GeoRisks, and Globalization: From Basic Research to Risk Governance vom 24. bis 26. März kamen 30 hochrangige internationale Experten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Behörden auf Einladung der geowissenschaftlichen Forschungsplattform Geo.X in Berlin zusammen. Sie diskutierten, wie Forschungsergebnisse in Entscheidungsprozesse einfließen können.

An einem besseren Risikomanagement bei Naturgefahren wie Erdbeben arbeitet die Forschungsplattform Geo.X. Das Foto zeigt eine Straße nach dem Erdbeben in Haiti im Jahr 2010. ©istock/Claudiad
An einem besseren Risikomanagement bei Naturgefahren wie Erdbeben arbeitet die Forschungsplattform Geo.X. Das Foto zeigt eine Straße nach dem Erdbeben in Haiti im Jahr 2010. ©istock/Claudiad

Die Teilnehmer analysierten die gegenwärtige Situation, formulierten gegenseitige Erwartungen und entwarfen Zukunftsszenarien für Risikomanagement-Strategien. Es herrschte Einigkeit, dass der Dialog der verschiedenen akademischen Disziplinen sowie die Zusammenarbeit mit Beteiligten aus verschiedenen Gesellschaftsgruppen – also die interdisziplinäre und transdisziplinäre Arbeit – Voraussetzungen für ein verbessertes Risikomanagement sind. „Dabei sollte Prävention stets mit im Vordergrund stehen. Für die Umsetzung wirksamer Schutzmaßnahmen müssen alle verfügbaren Quellen von Wissen, das heißt auch Traditionen und Erfahrungen, in die Forschungs- und Entscheidungsprozesse eingebunden werden“, sagte IASS-Exekutivdirektor Klaus Töpfer. Umgekehrt sei die „Übersetzung komplexer wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Risikominderung“ notwendig, um vom Wissen zum Handeln zu kommen, betonte Ministerialdirigent Wilfried Kraus aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Die Teilnehmer erarbeiteten verschiedene Empfehlungen. So sollen neue, internationale Netzwerke aufgebaut werden, um eine frühzeitige Einbindung aller Interessensgruppen in Forschungsprojekte zu gewährleisten. Dies soll auch eine verbesserte Kommunikation unter Einbeziehung von Medien ermöglichen. Zentral für die Netzwerkbildung sei eine bessere Ausbildung. Vor allem sollten Fähigkeiten zu einer interdisziplinären und transdisziplinären Bearbeitung von Risiko- und Notfallmanagement und vermittelt werden. Dazu zählen zum Beispiel die geowissenschaftliche Charakterisierung und Analyse, die Einbeziehung lokaler Betroffener und die Berücksichtigung kultureller und ideologischer Betrachtungen des Risikoproblems. Diese neue Generation von Forschern und Anwendern soll auch mit Hilfe der Analyse vergangener Ereignisse die komplexe Problematik von Risiko- und Notfallmanagement in einer globalisierten Welt besser bewältigen können. Angesichts der derzeitigen Dynamik – so sind etwa immer mehr Menschen in potentiellen Risikogebieten von Extremereignissen betroffen – ist die umfassendere Erforschung von Naturgefahren unabdingbar.

Eine Voraussetzung hierfür ist eine kritische Überprüfung von Lehrplänen an Universitäten und Schulen. Zudem soll die Weiterbildung von gestärkt werden. Wissen und komplexe Daten müssen besser verfügbar werden. Neben den strategischen Empfehlungen zur weltweiten Netzwerkbildung sowie der Forderung an die Wirtschaft, Risikomanagement als Chance für ökonomisches Wachstum zu begreifen und zu nutzen, machten die Teilnehmer der Konferenz auch konkrete Vorschläge wie die Entwicklung einer weltweiten und interaktiven Risiko-App. „Ich freue mich, dass wir mit unserer Geo.X Plattform maßgeblich dazu beitragen können, diesen notwendigen inter- und transdisziplinären Dialog zu führen und in den letzten Tagen erste Impulse setzen konnten“, zog Reinhard Hüttl, Sprecher der Geo.X Plattform und Vorstandsvorsitzender des Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ, während der Abschlussveranstaltung Bilanz.

Geo.X ist das geowissenschaftliche Kompetenznetzwerk der Geowissenschaften in Berlin und Potsdam (www.geo-x.net). Vier Universitäten und fünf außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, darunter das IASS, kooperieren in den Bereichen der Forschung, Lehre, Infrastruktur und Transfer. Es ist das Ziel der Geo.X-Kooperationsgemeinschaft, essentielle Beiträge zu großen Themen wie den Schutz der Gesellschaft vor Naturgefahren, Energiebedarf und -versorgung, Anpassungsstrategien an den Klimawandel und den nachhaltigen Umgang mit Umwelt und Ressourcen zu liefern. Hierzu werden disziplinäre Grenzen überwunden und Kooperationsschnittstellen mit weiteren Wissenschaftsdisziplinen sowie Politik, Wirtschaft und Gesellschaft systematisch ausgebaut.

Dem Thema Naturgefahren widmet sich im September auch die Potsdam Summer School.