Headline: R. Andreas Kraemer erforscht als Senior Fellow am IASS „Thinktanks in Theorie und Praxis“

Gründer des Ecologic Instituts

R. Andreas Kraemer
R. Andreas Kraemer

Für angehende Unternehmer gibt es eine Vielzahl an Hochschulseminaren und Ratgeberbänden. Doch wer einen Thinktank gründen will, wird auf der Suche nach systematischen Anleitungen kaum fündig. Einige Einrichtungen wie die University of Pennsylvania oder das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung haben dies erkannt, doch insgesamt sei die Forschung auf diesem Gebiet noch unterentwickelt, sagt R. Andreas Kraemer, Gründer und langjähriger Geschäftsführer des Ecologic Instituts. Er beginnt heute einen 18-monatigen Forschungsaufenthalt am IASS, den er dem Thema „Thinktanks in Theorie und Praxis“ („Thinktanking in Theory and Practice“) widmet. Er untersucht unter anderem Fragen des internen Managements und der professionellen Entwicklung der Branche sowie die Nutzung von transdisziplinären Methoden, wie sie vom IASS und anderen Einrichtungen angewandt werden. Die Ergebnisse werden in verschiedenen Formaten aufbereitet und schließlich publiziert.

R. Andreas Kraemer
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Das Ecologic Institut wurde 1995 als Thinktank für nachhaltige Entwicklung und internationale Beziehungen in Berlin gegründet. R. Andreas Kraemer gehört zum Kreis der Gründer und führte die Einrichtung 20 Jahre lang. Im Januar 2015 übergab er die Geschäfte an die Juristin Camilla Bausch und begann einen längeren Sabbatical. „Unter Unternehmern ist es weit verbreitet, die Geschichte eines erfolgreichen Unternehmens, die eigene Lebensgeschichte aufzuschreiben – das nutzen dann zum Beispiel MBA-Studenten als Fallstudien. Im Non-Profit-Bereich gibt es dagegen nur sehr wenige solcher Berichte, und die meisten davon kommen über das Anekdotische kaum hinaus“, sagt Kraemer. Seine eigenen Pläne als Senior Fellow am IASS sind ehrgeizigerer Natur: Er arbeitet an theoretisch gerahmten Reflexionen seiner Praxiserfahrungen aus 30 Jahren.

Bereits während seines Studiums der Umweltwissenschaften und Umwelttechnik an der Technischen Universität Berlin und der Université Paris Diderot arbeitete Kraemer für verschiedene Forschungseinrichtungen, darunter das Wissenschaftszentrum Berlin und das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Nach dem Abschluss bekam er eine Stelle am Forschungszentrum für Umweltpolitik (FFU) der Freien Universität Berlin. Von dort wechselte er 1991 ans Institut für europäische Umweltpolitik (IEUP) Bonn. Als dieses 1995 aufgelöst wurde, sei ihm der Markt vertraut gewesen, sagt der gebürtige Dortmunder: „Ich hatte zahlreiche Kontakte auf Landes- und Bundesebene und in der Europäischen Kommission geknüpft, gute wissenschaftliche Netzwerke aufgebaut, erfolgreich Anträge gestellt, hatte Anhörungen im Bundestag und im Europäischen Parlament hinter mir. Ich kannte also die Rahmenbedingungen für Institute an der Schnittstelle von Wissenschaft, Gesellschaft und Politik.“

Diese Kenntnisse halfen ihm dabei, das Ecologic Institut innerhalb weniger Jahre zu einem der weltweit führenden Umwelt-Thinktanks aufzubauen. Heute arbeiten in der Berliner Zentrale sowie den Zweigstellen in Brüssel und Washington (USA) rund 150 Mitarbeiter. Die Einkünfte stammen hauptsächlich aus Projektfördermitteln von Bundesministerien und EU-Einrichtungen. „Wir hatten nie eine Grundfinanzierung. Deshalb haben wir durch Diversifizierung Sicherheit geschaffen. Wir haben die Themen bearbeitet, für die Forschungsprojekte ausgeschrieben wurden, die sozusagen der Markt nachgefragt hat. Dadurch entstand sowohl eine große thematische Breite wie auch eine Breite der Forschungsförderer und Auftraggeber“, erläutert Kraemer.

Mit dem 20-jährigen Bestehen des Ecologic Instituts war für ihn Anfang dieses Jahres ein Punkt erreicht, an dem er sich nicht mehr nur um die eigenen Geschäfte kümmern, sondern seinen Beitrag zur die Professionalisierung der gesamten Branche leisten wollte. Für sein Forschungsprojekt wird Kraemer unter anderem mit Vertretern verschiedener Thinktanks sprechen und anhand von Fallstudien die Fehler und Erfolge von Umwelt-Thinktanks in ihrem Bemühen analysieren, politische Maßnahmen für nachhaltige Entwicklung zu fördern. Er plant zudem einen Workshop zum Thema „Sustainability Think Tanks“ in Potsdam oder Berlin sowie einen „European Climate Think Tank Summit“ im kommenden Jahr. Dann – nach dem Klimagipfel in Paris Ende 2015 – soll es auch um künftige Wege in der EU-Klimapolitik und deren Bedeutung für transdisziplinär arbeitende Forschungseinrichtungen wie das Ecologic Institut und das IASS gehen.

01.06.2015