Headline: Von lokal bis global: Wie Akteure auf verschiedenen Ebenen Einfluss auf die Klimapolitik nehmen

Die Versprechungen waren groß beim UN-Umweltgipfel von Rio de Janeiro im Jahr 1992. Mit der Agenda 21 gaben sich die Regierungen einen umfassenden Handlungsauftrag, um einer weiteren Verschlechterung der Situation des Menschen, seiner Umwelt und des Weltklimas entgegenzuwirken. Die Konferenz lenkte die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema Nachhaltigkeit, doch mit der praktischen Umsetzung der Ziele hapert es bis heute. Häufig wird kritisiert, dass nicht alle Teile der Gesellschaft ausreichend in die Umsetzung der lokalen Agenda 21 einbezogen wurden. Am IASS analysierten und diskutierten Wissenschaftler, Politiker und Vertreter der Zivilgesellschaft am 8. September das mehrschichtige Governance-System, in dem Akteure auf lokaler, regionaler, nationaler und globaler Ebene ihren Beitrag zu klimafreundlicheren Produktions- und Lebensbedingungen leisten. Gemeinsam mit dem Forschungszentrum für Umweltpolitik der Freien Universität Berlin hatte das IASS die Konferenz „Towards a Global System of Multi-Level Climate Governance“ organisiert.

IASS-Exekutivdirektor Klaus Töpfer hatte die Bundesregierung bei dem Gipfel in Rio vor 22 Jahren als Bundesumweltminister vertreten. Am Wissen, wie der Kollaps der Ökosysteme abzuwenden ist, habe es schon damals nicht gemangelt, sagte er in seiner Einführung zu der Konferenz: „Aber die Menschen handeln nicht! Wir müssen deshalb neue Lösungswege erkunden und dürfen uns nicht nur auf Übereinkünfte zwischen den Staaten beschränken.“

Martin Jänicke, Professor am Forschungszentrum für Umweltpolitik der Freien Universität und Senior Fellow am IASS, stellte in seinem Vortrag den Einfluss von Akteuren auf der individuellen, lokalen, regionalen, nationalen, europäischen und globalen Ebene dar. Er betonte, dass das globale Mehrebenensystem der Klimapolitik besondere Handlungschancen für eine „wissensbasierte, kompetente und motivierte Führung auf allen Ebenen“ biete. Es sei immer wieder möglich geworden, ökonomische Interessen auf allen Ebenen für den Klimaschutz zu mobilisieren. Jetzt stehe eine stärkere Einbeziehung der Zivilgesellschaft an, was auf der lokalen Ebene der Städte immerhin schon gut gelungen sei.

Halldór Thorgeirsson, Direktor für die Umsetzungsstrategie der UN-Klimarahmenkonvention, und Hans Bruyninckx, Direktor der Europäischen Umweltagentur, argumentierten übereinstimmend, dass ein ambitionierter gesetzlicher Rahmen auf staatlicher oder zwischenstaatlicher Ebene das klimapolitische Engagement von Kommunen und Staaten fördere. Dies wiederum habe positive Rückwirkungen auf der höheren Ebene: So will die Europäische Union, die sich als treibende Kraft beim Klimaschutz sieht, mit einem ambitionierten Klimaschutzziel in die UN-Klimaschutzverhandlungen in Paris Ende 2015 gehen. Allerdings hätten auch negative Entwicklungen Rückwirkungen, sagte Christian Hey, Generalsekretär des Sachverständigenrates für Umweltfragen. Im Zuge des faktischen Ausbaustopps erneuerbarer Energien in Spanien und einigen anderen europäischen Ländern sei auch eine verstärkte Zurückhaltung auf EU-Ebene erkennbar.

Ein wichtiges Thema bei der Konferenz waren die unterschiedlichen Motivationen und Interessenlagen von Kommunen und Nationalstaaten, eine ehrgeizige Klimapolitik durchzusetzen. Ebenso ging es um die unterschiedlichen positiven Nebeneffekte– so nennt der Weltklimarat (IPCC) 18 potenzielle „Co-Benefits“, wie bessere Luftqualität und weniger Verkehrslärm. Die Stärke des Mehrebenensystems der Klimapolitik sei es, diese unterschiedlichen Handlungsmotive zu aktivieren, sagte Martin Jänicke. So ist es zu erklären, dass es in den letzten Jahren in vielen Ländern positive Entwicklungen in Richtung Klimaschutz gab – trotz des bisher fehlenden verbindlichen Rahmens der globalen Klimapolitik.

Photo: © UN Photo/Michos Tzovaras